Blogger Events auf Messen
Die SlowFisch in Bremen hat´s ausprobiert
Montag, 02. Dezember 2013
Die ITB macht´s. Die CeBit auch. Blogger Events auf bundesweit bekannten Messen sind keine Seltenheit. Doch was ist mit den nicht ganz so großen Messen? Lohnt es sich, dort ein Programm für die digitalen Meinungsmacher zu entwerfen? Und was ist mit den Ausstellern? Haben sie überhaupt eine Antenne für die Bedürfnisse der Blogosphäre? Die Messe Bremen hat es jüngst zum dritten Mal ausprobiert. Zur Genussmesse „Slowfisch“ hatten sie 62 Blogger eingeladen, Vertreter von 14 Blogs waren der Einladung am Ende gefolgt. Auch ich gehörte dazu. Klar, als Sylt-Liebhaberin und nordischer Frischkopp konnte ich dem Programmpunkt „Krabben pulen lernen“ nicht wiederstehen. Doch bevor ich in einem zweiten Blogbeitrag berichte, wie ich das Event erlebt habe, was mir besonders gefallen, was vielleicht auch gefehlt hat, interessiert mich, welches Resümee das Organisationsteam zieht. Und deshalb habe ich Christine Glander, Pressesprecherin der Messe Bremen, einfach mal ein paar Fragen gestellt.
Christine, wann und warum habt Ihr begonnen, die Zielgruppe „Blogger“ anzusprechen?
Die Medienlandschaft wandelt sich ja rasant. Sich nur mit klassischen Kanälen auseinanderzusetzen, ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Blogger sind zwar in der Regel keine ausgebildeten oder hauptberuflichen Journalisten und damit nicht unsere Kernzielgruppe. Sie können aber ganz wichtige Multiplikatoren sein, es gibt da richtige Stars der Szene. Und auf manchen Themenfeldern sind Blogger besonders aktiv. Basteln gehört dazu, Reisen oder Essen. 2011 kam der Wunsch aus dem Projektteam der SlowFisch, nach dem Vorbild der Stuttgarter Slow-Food-Messe mehr Blogger-PR zu machen und auch zu einem Bloggertreffen einzuladen – damit ging’s los.
Gibt es bei Euch klare Zuständigkeiten in Sachen Web 2.0? Liegt die Aufgabe eher beim Marketing oder bei der Pressestelle?
Web 2.0 betreiben wir aktiv nur in Form von Facebook – viele Projektteams gestalten dort Seiten für ihre Messen, die sie nach selbst entwickelten Redaktionsplänen mit Inhalten füllen. Die Anzeigenschaltung liegt natürlich beim Marketing. Sprich: PR auf Facebook ist für die Pressestelle bislang kein Thema. Blogger sind es aber schon. Wir stufen sie quasi wie die Leserreporter einer großen Boulevardzeitung ein. Darum wollen wir sie mit fundierten Informationen etwa zum Konzept einer Messe und zu Ausstellern versorgen. Das soll ihnen die Berichterstattung erleichtern und vielleicht interessiert sie dann auch das eine oder andere Thema, das wir besonders spannend finden. Realisiert haben wir Blogger-PR bislang tatsächlich nur für zwei Messen: die SlowFisch und die Bremen Classic Motorshow.
Wie habt ihr die zur Slowfisch passenden Blogger recherchiert? Und wie lange hat die Recherche gedauert?
Am Anfang stand der Kontakt zu einem in der Slow-Food-Szene sehr gut vernetzten Blogger. Er hat uns mit anderen bekannt gemacht, die sich für unsere Themen interessieren. Nun wandelt sich diese Szene schnell. Darum macht es im Vorfeld der SlowFisch immer wieder viel Arbeit, die Blog-Landschaft neu zu sichten. Dabei hilft uns der Blick in Link-Sammlungen wie den Brigitte Food Blog Award oder Köstlich & Konsorten. Dann hat 2012 unsere Volontärin, 2013 unsere Azubine Jana Wanzek jeden Link angeschaut, denn reine Koch-Blogs sind für uns nicht interessant – wir haben versucht, diejenigen anzusprechen, die sich mit nachhaltiger Lebensmittelherstellung und bewusstem Genuss auseinandersetzen oder die in unserer Region eine besondere Rolle spielen. Außerdem haben wir gezielt die Blogs gesucht, die viele Leser haben. Allein die Recherche hat uns rund 30 Arbeitsstunden gekostet.
Wie habt Ihr den Erstkontakt zu den Blogger gestaltet? Direkt mit einer Einladung zur Slowfisch oder gab es bereits vorher Anlässe, auf Euch aufmerksam zu machen?
Wir haben das sehr anlassbezogen gehalten – so wie wir mit Journalisten auch umgehen. Als sich mit der Vorbereitung der Messe erste Konturen eines möglichen Bloggerprogramms abzeichneten, haben wir den interessanten Bloggern rund zehn Wochen vor der Veranstaltung ein „Save the Date“ mit ein, zwei Appetithäppchen gemailt. Als das Programm stand, gingen die Einladungen raus. Zur Kontaktaufnahme gehört ja übrigens auch, sich für eine Anrede zu entscheiden. Und natürlich ist in der Bloggerszene das „Du“ Usus. Uns erschien das als Institution jedoch unangemessen und anbiedernd. Wir haben uns darum entschieden, nur die „alten Bekannten“ zu duzen, denn manche Blogger kannten wir ja schon aus früheren Jahren. Neue Kontakte haben wir mit „Sie“ und Vornamen angesprochen.
Zum Tag selbst: Wie habt Ihr das Event gestaltet und worauf habt Ihr besonderen Wert gelegt?
Die eigentliche Planung lag – in Absprache mit uns – beim Projektteam, das den Kontakt zu den Ausstellern hat. Unser Part war, auf Themen hinzuweisen, die journalistisch interessant sind, und dann zu allen „Tagesordnungspunkten“ geeignetes Infomaterial bereitzustellen. Das hat unsere Praktikantin übernommen, die schon sehr nett schreiben kann. Außerdem haben dann unsere Azubine – die ja im Vorfeld den E-Mail-Kontakt gehalten hat – und eine in die Vorbereitung eingebundene Praktikantin des Teams die Blogger den Tag über begleitet. Bei den früheren Bloggertreffen hatten Gäste den Wunsch geäußert, auf der Messe nicht zu kosten, sondern auch mal selbst etwas zu machen. Das ließ sich diesmal gut realisieren: Wir hatten eine Käseschule dabei und Krabbenfischer wollten Besuchern beibringen, wie sie am besten Krabben pulen. Diese beiden Punkte hat das Team dann gleich aufs Blogger- Programm gesetzt und noch einige dazu passende Verkostungen. Viel Wert haben wir aber auch darauf gelegt, den Bloggern genügend Zeit für eigene Streifzüge zu lassen.
War es leicht, Aussteller dafür zu begeistern, etwas für die Blogger anzubieten?
Sehr leicht, der Food-Szene ist das Marketingpotenzial von Blogger-PR offenbar sehr klar. Wegen der „Mitmachaktionen“ konnten wir diesmal zwar nicht so viele Aussteller in den Rundgang einbinden wie in den Vorjahren. Aber unsere Auszubildende hatte eine tolle Idee: Sie schlug vor, die Aussteller anzuschreiben, ob sie den Bloggern Proben zukommen lassen möchten. Immerhin 15 wollten das gern! Unsere Marketingverantwortliche hat dann einen schicken „Blogger-Büdel“ mit SlowFisch-Logo kreiert, in den wir alle Proben und Infos hineingetan haben. Und unsere Praktikantin Kim Herrmann hat noch ein Begleitheftchen mit Aussteller- und Produktbeschreibungen konzipiert – unser Anliegen sind wie gesagt fundierte Informationen.
Welchen Unterschied zwischen Bloggern und Journalisten habt Ihr bei der Vorbereitung oder auf der Messe bemerkt?
Der Unterschied ist nach unserer Beobachtung schon enorm – und auch erklärbar. Journalismus ist ein Geschäft, das heute vielfach unter großem Zeitdruck betrieben wird. Die Arbeit in den Redaktionen ruht auf immer weniger Schultern und auch für freie Journalisten ist Zeit Geld, angesichts bescheidener Honorare. Darum leisten es sich Menschen, die von Berufs wegen schreiben, in aller Regel nicht, an einem umfangreichen Programm teilzunehmen. Sie arbeiten vielmehr punktuell und ergebnisorientiert. Blogger sind demgegenüber meist Privatleute, die ein Thema lieben und gern schreiben. Entsprechend bringen sie gern Zeit für ihr Hobby mit. Wir hatten jedenfalls das Blogger-Programm auch für Journalisten angeboten – ein Freier hat an einem Programmpunkt teilgenommen.
Und nun zum nüchternen Fazit: Habt Ihr den Eindruck, Aufwand und Output standen in einem guten Verhältnis?
Wir sind schon ganz zufrieden – auch wenn das natürlich wie bei der Pressearbeit auch ist: den Erfolg zu messen ist nicht einfach. Ein Indikator ist bei klassischer PR natürlich der unmittelbare Output an Artikel, Radiostücken und Fernsehberichten. Darum haben wir schon geschaut, was die Blogger getwittert, in ihren Blogs geschrieben und auf Facebook oder Instagram gepostet haben. Die Zahl der Einzeleinträge ist schwer überschaubar – jedenfalls haben mit einer Ausnahme alle etwas gemacht, manche auch mehrfach und sie alle haben viele Leser bzw. Fans. Natürlich ist die Qualität sehr unterschiedlich: Manche haben sich gründlich mit der Messe beschäftigt, andere posten vielleicht nur ein Bild. Doch selbst wenn Resonanz zunächst ausbleibt, sehen wir das gelassen. Bekanntlich tragen gute Kontakte und Gespräche öfter erst mit Verzögerung Früchte in Gestalt von Berichterstattung. Von früheren Aktionen wissen wir aber auch: Natürlich gibt es unter Bloggern genauso wie unter Journalisten Vertreter, die von vornherein nicht vorhaben, sich ernsthaft mit unserem Angebot auseinanderzusetzen, sondern sich nur einen netten Tag machen wollen… Das Feedback der Blogger bei der SlowFisch 2013 war jedenfalls super und wir sind nun dabei zu klären, für welche Messen Blogger-PR noch Sinn macht.
Herzlichen Dank an Christine Glander für diese ausführlichen und ehrlichen Informationen!
Und hier gibt es einige Beispiele von Artikeln, die durch das Blogger-Event entstanden sind:
koch-rezepte | sarahmariaaa | herzelieb | lisbeths cupcake | dieglucke